“Was tue ich hier eigentlich?” fragt sich der Schreiberling, als er sich im prall gefüllten Neustadt-Sammeltaxi auf dem Weg zum Pokalspiel wiederfindet. ESV und Pokal?! Das gab es doch zuletzt in den glorreichen Vereinsjahren, als noch 1000 Zuschauende (Anmerkung: Zahl laut Hoffmaster - die Mühe eines Faktenchecks erspare ich mir) am Wochenende in den ehrwürdigen Lokschuppen strömten. Steht das “E” in ESV nicht mittlerweile für “Ein Wettbewerb reicht uns”?
Auf Wunsch eines einzelnen Herren und durch Verkettung mehrerer unglücklicher Umstände war es wohl irgendwie zur Meldung der Thekentruppe für den Landskronpokal und dadurch nun zu einer unverhofften Partie an einem eigentlich handballfrei geplanten Wochenende gekommen. Auswärts und ohne Harz gegen die Otter vom HC Pleißental. Trotzdem ist die Stimmung ausgelassen. Es werden Zimtschnecken gereicht, der Kulturbeitrag referiert (Take-Home-Message: Schwimmhäute zwischen den Krallen erschweren das Ballhandling) und über das Für und Wider einer Kleiderkette bei der Erstiwoche diskutiert.
Auf dem Weg noch kurze Recherche zum Kontrahenten: ein aufstrebender, junger Verein inklusive erstligareifem Merch-Shop, bekanntem Sponsor, Otter-Maskottchen, Otter-Akademie und Otter-Bau mitten auf der grünen Wiese. Kaum ein Spiel wurde in den letzten beiden Spielzeiten verloren und neben dem geglückten Durchmarsch in die ROL auch der Regionspokal geholt. Äußerst erfolgreich und äußerst schwer einzuschätzen. Wobei Zweiteres wohl auch auf uns zutrifft, denn Folgendes findet sich in der Spieltagsankündigung des HCP: “Die Gäste sind bekannt für ihr hohes Tempo und ihre Torgefahr von nahezu jeder Position.” Tempo und Torgefahr. Zwei Attribute, die zwar runtergehen wie Öl, aber doch eher Team Alt beim allwöchentlichen Schiebchen zuzuschreiben sind, als dem Spiel der ESV Honigdachse. Das uns die Underdog-Rolle mal wieder streitig gemacht wird, obwohl wir im letzten Ligaspiel gegen Rietschen wieder eindrucksvoll unsere spielerische Unbedarftheit zur Schau stellten, sei hier nur am Rande erwähnt.
Wir sind also angereist, um zu beweisen, dass sich wirklich niemand Sorge wegen unseres treffsicheren Tempospiels machen muss. Und diesen Beweis treten wir an. Beim 1:1 nach 5 Minuten oder spätestens beim 5:6 nach 20 Minuten wird allen klar: hier gibt es heute ein schön nostalgisches Feldhandballergebnis.
Während sich der eine mit dem Versuch abmüht, den Pfosten durch gezielte Würfe mehr und mehr abzurunden, schlittern die anderen in Richtung Halbzeitpause. Und schlittern ist hier definitiv das richtige Wort, denn die Otter haben als gute Gastgeber ihren Bau offensichtlich extra nochmal feucht durchgewischt und frisch gebohnert. Die Schlittschuhsaison ist nun also offiziell eröffnet.
Beim Stand von 7:8 wird zum Pausentee geläutet und wir hören die gewohnte Halbzeitansprache. Ruhig bleiben, Chancen nutzen, Torhüter ausgucken, hinten dicht etc. Wöchentlich grüßt das Murmeltier…. Wie immer also mit guter Hoffnung rein in Halbzeit zwei. Ganz ESV-unüblich schaffen wir es tatsächlich die ersten fünf Minuten nicht zu verschlafen und erspielen uns eine sagenhafte 4-Tore-Führung in Spielminute 36. Ein fast uneinholbarer Vorsprung in Anbetracht der weiterhin übersichtlichen Torausbeute beider Teams. Besonders hervorzuheben sei an dieser Stelle wie so häufig der Rückhalt unseres Torhüters, dessen Rücken unter der Woche noch so wenig Halt bewies, wie meine Zimmerpflanzen nach dem Sommerurlaub, wenn ich wieder niemanden zum Gießen gefunden habe. Trotz Fehlhaltung sein Vater schaffte er es sich irgendwie rechtzeitig fit zu machen. Da war doch wieder Finalgon im Spiel.
Einige Rittberger, Pirouetten und Pfostenknaller später haben wir es geschafft: Vorsprung im klassischen Stile der Squadra Azzurra verwaltet und nächste Pokalrunde eingetütet. Zur Belohnung gibts selbstgebackene Cookies vom Jungdachs (man munkelt er hat sich freiwillig für das neue Amt des mannschaftsinternen Zuckerbäckers gemeldet) und frisch gezapftes Freibier vom Gastgeber. Sehr sympathisch und bei dem Hauptsponsor wahrscheinlich auch moralische Pflicht.
Alle Lesenden seien übrigens explizit zum Daumendrücken aufgefordert. Die nächste Pokalrunde wird am Wochenende der legendären ESV-Weihnachtsfeier ausgetragen. Ein Samstagsspiel im heimischen Lokschuppen hätte Potenzial für den perfekten Partyauftakt. Beim Gedanken an ein Sonntagsspiel in der Fremde hingegen verspüre ich schon jetzt einen tierischen Kater.
Es spielten: Prinzenrolle, Kullerkeks - Leibniz-Keks (5), Russisch Brot (1), Haferkeks, Cookie (2), Oreo (4), Soft Cake, Eierplätzchen (2), Hash Cookie (2), Spekulatius (2), Glückskeks
Auf der Bank: Weihnachtsplätzchen, Mürbegebäck, Spritzgebäck