Mit Kleingebäck raus aus der Favoritenrolle
Wer die letzten Saisons der lokomotivigen Honigdachse verfolgt hat, der konnte sich vor diesem Wochenende beim Anblick der Verbandsliga Tabelle schon verwundert die Augen reiben. Was macht dieser ESV da oben auf dem dritten Platz?
Wollten die nicht jede Saison mit sechs oder sieben Niederlagen starten, um dann furios die Liga von hinten aufzumischen? Haben die anderen Mannschaften wirklich nicht vier Spiele weniger? Geht der Aufstieg dieses Mal nur über den ESV? Brauchen die nicht den Nervenkitzel und den Fansupport einer glücklichen Relegation am Ende der Spielzeit?
Und noch viel wichtiger: Geht denen nicht die steigende Erwartung und die damit einhergehende Favoritenrolle gegen den Strich? Schließlich hatte man sich anscheinend abgefunden mit dem Dunstkreis der unteren Tabellenhälfte zwischen Genie und Wahnsinn, zwischen honigdachsem Tempospiel und fehlerhaftem Schlafwagenhandball. Doch diese neu gewonnene Konstanz, damit lässt es sich, als Misserfolg verwöhnter Lokomotivfanatiker, kaum noch ein Frustbier an der Seitenlinie trinken. Im Gegenteil: Wer aus dem Klatschen nicht rauskommt, hat es schwer das Kaltgetränk sicher zur Futterluke zu führen. Und Schüttrunden sind bekanntermaßen bei jedem kleinsten Kleckern auszurufen und gehen auf Dauer an die Portemonnaie-Substanz. Doch nicht nur die Heimfans haben ihren Unmut über die anhaltende Punkteflut zum Ausdruck gebracht, auch die gegnerischen Vor-/ und Nachberichte lobpreisten die roten Teufel dermaßen unverhohlen, dass der ein oder andere bereits darüber nachdachte vielleicht doch nochmal höher anzugreifen. Man munkelte bereits von großen Talenten innerhalb der Mannschaft, internationale Topscouts wurden angesetzt, Presseteams lauerten auf dem Vereinsgelände und plötzlich war nicht mehr nur Heiko Hoffmann der unangefochtene Star in ganz Handballsachsen.
Plötzlich gab es das Geraune vom Tempohandball aus Dresden. Diesem Druck ausgesetzt, galt es für die Mannschaft vor diesem Spiel nun endlich eine Reaktion auf das Geschehene zu zeigen, sich aufzubegehren und endlich die Maske fallen zu lassen. Maßnahmen wurden ergriffen. Die Punkte des letzten Spieles wurden bewusst nicht gefeiert oder in die Erfolgsliste eingetragen und die Trainingsbeteiligung unter der Woche drastisch zurückgefahren. Die Fußballerwärmung wurde verlängert, Führungsspieler wurden in den Urlaub geschickt und die Aufstellung durchgemischt. Es musste sich doch endlich etwas ändern!
So ging man positiv, also nicht mehr so frohen Mutes in die nächste Begegnung gegen die Mannen aus Radeberg. Klar, sind die Gewinnchancen Zuhause größer als in der Fremde, aber man soll sich von guten Vorzeichen nicht zu schnell entmutigen lassen. Die Trendwende war absolut im Bereich des Möglichen, schließlich startet jedes Spiel immer noch bei Null – das Ziel war also ganz nah. Die Absteiger aus der Sachsenliga kommen dieses Jahr aus dem sympathischen Bierstädtchen und sie sind gut. Gut genug, um uns endlich aus der Lethargie des ständigen Gewinnens zu reißen.
Doch der Beginn der Gäste ist stockend. Lange fallen in der Partie kaum Tore und bis zur 15. Minute steht nur ein 2:2 auf der Anzeigetafel. Niederlage Fehlanzeige! Doch dann zeigte sich die Entschlossenheit der Dresdner das Spiel aus der Hand zu geben. Endlich wurden hinten frei Bälle für den Gegner zugelassen und vorne funktionierende Kombinationen nur einmalig gespielt. Der Gegner bekommt eine 2-Minuten Zeitstrafe? Diese Kombi wird nie wieder angesagt! Einfache Fehler wurden bittend angeboten und zur Halbzeit gab es einen souveränen Rückstand zu beanstanden. Alles lief gut soweit. Die zuschauenden Mannschaften der Jugend, Frauen und Männer, welche vorher allesamt erfolgreich waren, konnten sich umso mehr wie die wahren Champions des Vereins fühlen. Das stärkt den Zusammenhalt – So soll es sein!
Die zweite Hälfte startete wieder durchwachsener. Radeberg verpasste es, sich deutlicher abzusetzen und ließ die Honig schlürfenden Landeshauptstädter wieder auf zwei knappe Tore herankommen. Kurz ging ein Ruck durch die Zuschauer, Spieler und die morsche Halle. Konnte es schon wieder losgehen? Kam da etwa wieder die moralische Stärke der Dresdner, welche alle im Vorfeld gemeinschaftlich kleinreden wollten? Kam da die unaufhaltsame Kraft der ewigen Gewinner?? Zum Glück für unsere Favoritenrolle: Nein.
Im Entscheidenden Moment in doppelter Überzahl fassten sich alle ein Herz und vergaben wieder reichlich Torchancen. Man sollte hier lobend unsere Außenwerfer wie Oliver Obstkuchen und Maximilian Muffin erwähnen, welche wirklich alles dafür gaben nicht über die magische 10 Tore-Marke im Spiel zu kommen. Egal ob Konter, freier Wurf oder einfaches Fehlabspiel, unablässig wurden die eigenen Schwachstellen ausgespielt und zur Schau gestellt. Schlussendlich beglückwünschen wir die starke Leistungskorrektur der Kohle Schipper und bemitleiden die Radeberger für ihren Siegeslauf und die damit einhergehende Favoritenrolle in jedem kommenden Spiel.
Wir sind auf jeden Fall wieder glücklich, auch wenn die Punktebilanz immer noch beängstigend positiv aussieht. Zur Belohnung gab es am Ende leckeres Kleingebäck von unserem Starbäcker Max Backpflaume.
Nächste Woche werden die Erwartungen dann wieder schwer zu dämpfen sein. Im Pokal geht es auswärts gegen den HVH Kamenz aus der Regionsoberliga. Hier wird es wieder alle Anstrengungen brauchen, um die Favoritenrolle von Beginn an auf den ‚niederklassigen‘ Gegner abzuwälzen. Der Trend geht aber wieder nach unten. Kann man da jetzt wieder vom ESV-Underdog sprechen? Wir finden schon.
Maximilian Backpflaume (1), Oliver Obstkuchen (9), Jan Ole Jelly Roll (2), Magnus Mandelplätzchen (2), Hannes Honigschnitte (5), Maximilian Muffin (5), Franz Flaggenkeks (2), Nick Nussecke, Florian Florentiner, Dave Donauwelle, Andre Apfeltorte, Paul Puddingschnecke, Sascha Sandkuchen, Niklas Nougatbeißer, Karl Erik Kipferl, Heiko Hot Cross Bun, Steve Schokoladentraum, Patrizio Panettone
