VLFO:  SSV Heidenau – ESV Dresden 31:30 (17:14)

ESV Elfen & The Missing Harz

Während mir andauernd Werbungen für die diesjährigen Hallmark Holiday Movies gezeigt werden, denke ich darüber nach, wie in solchen Filmen am Ende die wahre Liebe siegt, der Bösewicht ausgeschaltet wird, oder der Underdog zum gefeierten Star wird. Ich rolle mit den Augen. So ein unrealistischer, öder Kitsch! Aber eigentlich, vielleicht doch nicht? Denn wisst ihr, was ich daran doch irgendwie mag? Die Emotionen! Die Hoffnung, auch wenn alles dagegenspricht, die Leidenschaft für eine Sache zu brennen, das Glück, wenn man am Ziel ist und all das zusammen mit Menschen, die einem am Herzen liegen. Und nirgendwo, wirklich nirgendwo, kann ich das ganze mehr erleben und leben als auf der Platte im Kreise der ESV-Elfen zu jedem einzelnen Spieltag!

So auch vergangenes Wochenende, wo uns der Spielplan gen Heidenau schickte. Mit der Erinnerung an unser letztes Spiel dort – es war das letzte Spiel der vergangenen Saison und trotz der knappen Niederlage verließen wir die Halle damals stolz auf unsere Leistung – hätte man sich eigentlich darauf freuen können, weil es der Tag hätte sein können, wo wir nicht nur stolz auf uns selbst, sondern auch mit zwei Punkten hätten heimfahren können. Hätte hätte Fahrradkette, ein großer Haken bleibt bei jedem Besuch in Heidenau: Es gibt dort einfach kein Harz. Ich lüge nicht, ein Töpfchen voll Harz findet man in dieser Halle in keiner Ecke. Niemand weiß, welch schräges lokales Gesetz Grund dafür ist, aber dran halten müssen wir uns. Da beißt die Maus keinen Faden ab, wie Papa früher so schön sagte.

Wir haben also beste Voraussetzungen für unsere ganz eigene Hallmark Movie – die aussichtslos scheinende Ausgangssituation ohne Harz, die man nur im Team mit viel Leidenschaft, harter Arbeit und am Ende mit dem kleinen Quäntchen Glück zu den eigenen Gunsten drehen kann. Alles ist möglich - so kennen wir das aus unseren geliebten Kitsch-Filmen.

Pünktlich angereist, überkommt mich schon in der Kabine Hallmark Movie Moment Nummer eins. Auf engstem Raum (Frag mich, wieso in Heidenau an Harz gespart wird, wenn es dann nicht wenigstens für größere Kabinen reicht, aber gut. Je kleiner die Kabine, umso größer die Energieeinsparung. Oder so.) machen wir uns bereit fürs Spiel. Irgendwie jede Elfe mit ihren Gedanken ein bisschen für sich und trotzdem gemeinsam – Haare werden geflochten, Trikots verteilt, Körper finalgont und getaped. Ich schaue mich um. Es ist einer dieser Movie-Momente, wo alle Geräusche in den Hintergrund rücken und man nur die Gedanken einer Person wahrnimmt. Das ist es also. Heute ist es, mal wieder, so weit. Wir. Das Team. Stehen vor einer schwierigen, aber nicht unlösbaren Aufgabe. Wir sammeln uns. Die erste Trainer*innenansprache steht heute direkt an, da das Spiel davor (Haben wir es vielleicht Vorspiel genannt und alle wie aufgeregte Teens schelmisch gegrinst, weil es mit Vorspiel ja heute nur eine heiße Nummer werden konnte? Vielleicht. Ist das unreif? Ganz und gar nicht. Grinse ich gerade beim Schreiben wieder schelmisch vor mich hin? Natürlich!) etwas länger dauerte und wir straff in die Erwärmung einsteigen sollten. Der Fahrplan ist klar, die Gegnerinnen bekannt – körperbetont und leistungsstark auf allen Positionen. Aber nicht unschlagbar ... nur eben unharzbar!

Hallmark Movie Moment Nummer zwei erlebe ich, als wir, in einheitlichem Dress, aus der Kabine auf die Platte huschen, Musik in der Halle dröhnt und wir gemeinsam in unsere Erwärmung starten. 12 Elfen laufen Seite an Seite – die Gegnerinnen im Blick, die Spannung vor dem heutigen Showdown steigend. Uns werden Bälle gestellt, unsere geliebten Klebkugeln müssen leider in den Taschen bleiben (Gibt es da eigentlich eine Grundlage im Gleichstellungsgesetz? Niemand darf aufgrund ihrer Liebe zur Harzkugel benachteiligt werden, oder so? Das sollten wir recherchieren.) Wir machen die ersten Pässe und Würfe, hier und da wird nochmal ein hoffnungsvoller Blick durch die Halle geschickt, ob nicht doch noch irgendwo ein Harztöpfchen zu finden ist. Vergebens.

Hallmark Movie Moment Nummer drei – es gibt kein Zurück. Anpfiff zum Showdown. Uns steht die Harzabwesenheit ins Gesicht geschrieben, aber der Schlagabtausch beginnt ausgeglichen, mit leichter Tendenz für uns. So zwingen wir unsere Gastgeberinnen zeitig zur ersten Auszeit. 10 Minute, 5:6. Elfen! Ihr seht es. Es geht auch ohne Harz. Wir müssen nicht verkopft sein. Aber unsere Abwehr muss griffiger, lauter werden, damit wir im Angriff mit Selbstbewusstsein agieren können. Weiter geht’s! Los! Auf! Direkt rein in Hallmark Movie Moment Nummer vier – der Rückschlag. Die Heidenauerinnen kommen mit jedem Angriff besser ins Spiel und wir scheinen immer unsicherer zu werden. Die Abwehr ist zu leise und damit löchrig, im Angriff fehlt der Zug zum Tor und dann kommt noch das Pech hinzu. Beide Torhüterinnen sind verletzt angeschlagen, die Frage ist nun, welche mit weniger Schmerzen im Tor stehen bleiben kann. Wir vergeben unsere knappe Führung, scheinen den Anschluss zu verlieren und sind zu unserer ersten Auszeit gezwungen. 25. Minute, 14:11. Elfen! Rafft euch! Werdet munter! Werdet laut! Eine sichere Abwehr schenkt uns Mut für den Angriff. Es geht auch ohne Harz. Verkopft nicht so!
Die letzten Minuten der ersten Halbzeit gehen ausgeglichen weiter, noch drei Tore auf jeder Seite. Halbzeit, 17:14.

Wir ziehen uns in die Kabine zurück. Hallmark Movie Moment Nummer fünf – die motivierende, antreibende Ansprache der Trainer*in. Elfen! Wo ist eure Abwehr? Geht ran da! Macht sie fest! Seid lauter! Seid munter! Holt euch hinten das Selbstbewusstsein für den Angriff vorne und zieht zum Tor. Ihr wollt das treffen. Ihr wisst, dass es auch ohne Harz geht. Seid bissig! Seid gefährlich! Ein TEAM und weiter geht’s. Wir drehen das Ding noch!

Ähnlich wie der Spielbeginn, beginnt Halbzeit zwei. Wir dominieren, holen unser Tordefizit auf und zwingen unsere Gastgeberinnen erneut zu einer frühen Auszeit. 36 Minute, 18:18. Elfen! Yes! So muss das aussehen. Ihr steht besser! Ihr seid lauter! Ihr seid da! Jetzt dreht’s! Die letzten 20 Spielminuten sind Hallmark Movie Moment Nummer fünf – die schier unaushaltbare Spannung, die überkochenden Emotionen. Die Bank ruft. Motiviert. Feuert die Elfen auf der Platte an. Es geht hin und her, ein Kopf an Kopf Rennen. Kein Team kann sich wirklich absetzen, mal haben wir die Nase vorn, mal Heidenau. Jede Stimme in der Halle ist zu hören. Schiedsrichterinnenentscheidungen werden lautstark kommentiert. Auch in doppelter Unterzahl und mit zwei verletzten Torhüterinnen, die spontan von Sylvie vertreten werden mussten, verlieren wir den Anschluss nicht und stehen in der letzten Auszeit mit zwei Toren hinten. 58 Minute, 29:27. Gänsehaut. Elfen! Ihr könnt das! Zeigt Kampfgeist! Zeigt Nervenstärke! Da geht noch was!
In jeder Hallmark Movie wäre es jetzt Zeit für den Movie Moment Nummer 6 – die ein, zwei mutigen Aktionen, in denen das Glück an der Seite der Hauptakteurinnen steht und sie für Anspannung, Leidenschaft und Kampfgeist belohnen und das erfolgreiche Ende bezeichnen. Das Schlusssignal ertönte - doch waren es nicht wir, die es als Befreiung und mit dem einen Tor mehr genießen konnten, sondern unsere Gastgeberinnen. 60. Minute, 31:30. Obwohl auch unsere Gegnerinnen ein Unentschieden als das angebrachtere Spielergebnis empfunden hätten, war es heute offensichtlich nicht unsere Hallmark Movie. Wir fanden unseren Spielvibe leider nicht zu 100% und müssen die zwei Punkte in Heidenau lassen.

Aber Elfen! Es gibt immer einen zweiten Teil. Dann müssen wir nicht vergeblich das Harztöpfchen suchen und können in gewohnter Manier unsere geliebte Klebkugel den Gegnerinnen um die Ohren ballern (*micdrop Laura*)! Das wird dann unser Hallmark Movie Moment! Ich bin sicher und freue mich jetzt schon auf die Movie Emotions, die ich nur mit euch erleben kann!

 

Das Harz vermissten: Elisa (Tor), Lisa (9), Steph (2), Sylvie (auch mal kurz im Tor), Jodie (5), Anja W. (6), Liesel (3), Jana (3), Laura (2), AnneK, Anja Z., Rebecca (Tor) zusammen mit Vivi, Christoph und Franzi

Liebe Rebecca, wir wünschen dir gute Besserung und, dass du bald wieder auf den Beinen und mit uns auf der Platte bist!

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Viviane HauschildViviane Hauschild

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